Auszug aus dem Buch “Kapitäne der
Deutschen Hochseefischerei“ 2016
Kapitän Günther Kröger
Auf den Fangplätzen der Welt
Zu welcher Zeit die Menschen zum ersten Mal dem Meer Fische und
andere Meerestiere entnahmen, konnte bisher niemand aussagen und
wird es auch in der heutigen Zeit nicht können. Fest steht
aber, die ersten Fische wurden an den Küsten - am Strand
gesammelt oder im seichten Wasser mit der Hand gefangen. Mit dem
Einbaum, diesem primitiven Boot wagten sich die Menschen schon
etwas weiter auf das Meer hinaus. Es bot den Menschen an den
Küsten weitere Möglichkeiten, den Fisch mit anderen,
einfachen Methoden zu fangen. Die Verwendung des Angelhakens
aus Stein und Knochen, die Nutzung von Fasern zur Herstellung
einer Netzfläche und daraus die Ableitung von
Fanggeräten, wie Stellnetze und viele andere Arten, erfolgten
im Einklang mit der Weiterentwicklung der Boote für die
Fischerei. Dort, wo es kein Holz für den Bootsbau gab, wurden
Knochen mit Häuten bespannt, die in ihrer Form und Art auch
heute noch von den Eskimos genutzt werden. Es entwickelten sich im
Laufe der kommenden Zeit die ersten seegängigen Boote und
Fischereisegler, die durch ihre Seetüchtigkeit so manchen
Sturm trotzten und eine handlichere Fischerei ermöglichten. Mit
diesen wenigen Beispielen wird deutlich, dass die Menschen sich im
Laufe der Jahrtausende immer weiter auf das Meer hinauswagten. Sie
Erfahrungen sammelten und ihre Erkenntnisse im Fischfang
entwicklungsbestimmend waren. Die Fischer wussten nun schon, wo
sie Fische fangen konnten und wann sie Erfolg haben würden.
Sie zogen auch dem Fisch hinterher, wenn dieser die Gebiete
wechselte. Sicherlich waren es nur einzelne Zusammenhänge,
wie Wind und Strömung und warmes und weniger warmes Wasser
und die Reaktionen der Fische, die sie erkannten und für
sich, für die Nahrungsbeschaffung, nutzten. Sie wussten
aber sicherlich nicht, dass Pflanzen die Vorbedingungen allen
tierischen Lebens im Wasser sind. Diese mikroskopisch kleinen
Pflanzen, das Plankton in den unterschiedlichen Variationen,
dienen als Nahrung der Fische und der vielen anderen Meerestiere.
Eine dieser Planktonarten, das Zooplankton, wird nicht nur von den
Jungfischen gefressen, sondern dient dem Hering und allen
heringsartigen Fischen als Nahrung. Und wir wissen, kleine Fische
und Jungfische werden wieder von größeren Fischen
gefressen, die Natur hat für alles vorgesorgt. Das
pflanzliche Plankton benötigt zum Leben eine aus-reichende
Lichtintensität, sonst ist im Wasser keine oder nur eine
geringe Entwicklung möglich. Dieser wichtige, licht-intensive
Bereich bis etwa um die 200 Meter Tiefe wird von den
Meeresbiologen als „Epipelagische Zone" bezeichnet. Wir
Fischer sprechen allgemein vom Kontinentalschelf. In tieferen
Wasserschichten nimmt das pflanzliche Leben stark ab, doch auch
hier leben immer noch viele Fischarten und Meerestiere.
Lebenswichtige Nährstoffe für die Entwicklung des
Planktons, werden durch Flüsse und Meeresströmungen ins
Meer getragen und verteilt. Das Wasser wird stark durchmischt,
wenn warme und kalte Meeresströmungen aufeinandertreffen oder
wenn sie im Wasser auf steile Erhebungen oder Bänke
stoßen. Diese sogenannten „Aufquellgebiete“ sind
für die Entwicklung des Planktons äußerst wichtig
und sie sind in den Schelfge-bieten die Sammelpunkte der
unterschiedlichsten Fischarten. In vielen Schelfgebieten ist
das Bodenrelief uneben und zer-klüftet. So wie die Küste
Norwegens sich zeigt, so sieht auch der vorgelagerte Meeresboden
aus und um Grönland herum ist es nicht anders. Der
Festlandsockel endet meistens mit einer stark ausgeprägten
Tiefenkante und danach beginnt die Tiefe des Ozeans. Es sind
also nur ganz bestimmte Gebiete in denen die Fischbe-stände
und Meerestiere leben und die für die Ausübung der
Fischerei geeignet sind. Auf der ganzen Welt befinden sich die
Hauptfanggebiete in den Schelfgebieten. Weitere ertragreiche
Fangmöglichkeiten haben die Fischereikapitäne und
Wissen-schaftler auf einigen aus den Tiefen aufragenden
Plattformen, Bergen und Bänken sowie auf ausgeprägten
Bodenrücken im Meer erschlossen. Auch in Wassertiefen um 2000
m ist heute eine Fischerei möglich. Einige Fischarten werden
auch außer-halb des Kontinentalschelfs, im freien Ozean
gefangen. Eine erfolgreiche Fangtätigkeit ist
jahreszeitlich immer unterschiedlich. Sie hängt in den
Fanggebieten von den Wassertemperaturen, dem Salzgehalt und den im
Meer befindlichen Nährstoffen ab. Ein weiterer
beachtlicher Faktor ist der biologische Zustand der einzelnen
Fischarten. Während der Laichperiode treten die
stärksten Fischkonzentrationen auf und es bietet sich
meistens eine sehr erfolgreiche Fischerei an. Bei der
Nahrungsaufnahme verteilt sich der Fisch oft, bildet aber auch
Schwärme und bei manchen Fischarten ist während der
Überwinterungsperiode der Fangerfolg fraglich. Während
dieser unterschiedlichen Perioden gibt es spezielle
Verhaltensweisen. Der Fisch folgt seiner Nahrung und so kommt es
zu vertikalen und horizontalen tageszeitlichen Wanderungen.
Verändern sich die Wasserver-hältnisse in einem
Fanggebiet kommt es vor, dass wir den Fisch, manchmal an der
Außenkante des Fangplatzes wiederfinden oder er macht auch
kleine Wanderungen in die Tiefen am Rande der Fangplätze.
Bekannt ist auch, dass nach der Konzentration zum Laichen, unter
anderen der Hering verstreut wieder zurück in die
Weidegebiete wandert und dabei weite Strecken zurücklegt. So
gibt es viele Details zu den Fanggebieten und den einzelnen
Fischarten die durch die Wissenschaftler und durch unsere
Fischereikapitäne im großen Umfang erkannt wurden und
die sie nutzten. Diese Kenntnisse trugen dazu bei, dass neue
Schiffe, neue Fanggeräte, Fangmethoden entwickelt wurden und
eine effiziente Bearbeitung der Fischarten erfolgen konnte. In
den letzten 20 Jahren betrugen die Fangentnahmen in der gesamten
Welt ca. 80 Millionen Tonnen, einschließlich Garnelen,
Muscheln und Tintenfische. Der Fischanteil soll ca. 60 Millionen
Tonnen betragen. Betrachten wir die Entnahmen nach Gebieten, dann
hat sich die Fischerei auf der Südhalbkugel unserer Erde
bedeutend erhöht. Nunmehr wurden auch andere Fischarten, die
bisher wenig Bedeutung hatten, immer mehr in die Fischerei
einbezogen. Die Deutsche Hochseefischerei veränderte sich
grundlegend durch Bestandsrückgänge einer ganzen Reihe
von Fischarten in den Schelfgebieten der Küstenstaaten.
Dramatisch war es in der zweiten Hälfte der 60er Jahre in der
Nordsee. Die Bestandsreduzierungen setzten sich in der Barentssee
und teilweise an der norwegischen Küste fort. Hier war bisher
ein großer Teil der deutschen Flotte zu Hause.
Zwangsmäßig verlagerten die Fangflotten ihre
Tätigkeit nun noch stärker in den NW-Atlantik, nach
NW-Afrika und in andere Gebiete. Reaktionen auf den
Rückgang der Fischressourcen erfolgten durch die
Küstenstaaten, in Zusammenarbeit mit den Anfang der 60er
Jahre gebildeten Fischereiorganisationen. Auf der Basis
wissenschaftlicher Bestandsuntersuchungen, der erreichten
Fischereierträge der Fischereistaaten, wurde in dieser Zeit
hart um Fischquoten und Lizenzen für die herkömmlichen
Fanggebiete gerungen. Hinzu kamen die Regulierungen für die
Fischereidurchführung in den herkömmlichen Fanggebieten
und beim eingesetzten Fischereimaterial durch einzelne
Küstenstaaten. Sie schränkten die Fischerei sehr weit
ein. Es zeichnete sich immer mehr ab, dass die Küstenstaaten
die Fischressourcen für sich beanspruchten. Hatten sie doch
schon in der Vergangenheit ihre Hoheitsgrenzen von sechs auf neun
und zwölf Meilen erweitert. Es folgten die Erweiterungen
einiger Küstenstaaten auf fünfzig Seemeilen und 1977
dann mit den Festlegungen zu den Ökonomischen Zonen auf 200
Seemeilen. Damit waren für die Deutsche Hochseefischerei fast
90 Prozent ihrer herkömm-lichen Fanggebiete verloren. Wer
noch Fischerei in den alten Fanggebieten betreiben wollte, hatte
nur die Möglichkeit im Rahmen von Fischereiverträgen
Lizenzen unter sehr unterschiedlichen Bedingungen zu erhalten und
die kosteten viele Valuta. Eine ökonomisch tragbare Fischerei
war nicht mehr möglich. Bekannt ist, dass die westdeutsche
Fischerei stark reduziert wurde und durch die ostdeutsche
Fischerei Fanggebiete aufgesucht werden mussten, die weite
Anfahrtswege und damit einen hohen Aufwand nach sich zogen. Dieser
Aufwand wurde in der DDR weiter intensiv durch den Staat
gestützt. Verfolgen wir unsere Fangaktivitäten in
der deutschen Fischerei nach 1945, dann führen uns diese in
die unterschiedlichsten Fischereigebiete. In den dargestellten
Karten sind alle mir bekannten Fanggebiete und Fangplätze
eingetragen. Sie wurden in mühevoller Arbeit mit den
Kapitänen zusammengetragen. Dr. Roland Fließ hat
gleichfalls eine Vielzahl von Forschungsreisen ausgewertet und
Reiseberichte der Kapitäne analysiert und letztendlich aus
dem zusammengetragenen Material die nachfolgenden Karten erstellt.
Beim Betrachten dieser Fanggebiete werden sie feststellen,
dass es in einer Reihe von Fanggebieten keine Namen für
spezielle Fangplätze gibt. Für diese Gebiete liegen uns
nur Positionen vor. Auf der Grundlage der dargestellten
Fanggebietskarten möchte ich Ihnen einige allgemeine
Beschreibungen von Fanggebieten vermitteln, die bei den
Fischereikapitänen sicherlich weitgehend bekannt sind, aber
den Nichtfischersmann neue Erkenntnisse vermitteln.
Die folgende Darstellung funktioniert nur, wenn auf Ihrem PC
"Google Earth" installiert ist!
Bedienung: Navigationssteuerung per MouseOver rechts oben
anzeigen. Einnorden mit Klick auf das N. Google
Earth Hilfe
Quellen: Günter Mau,
Fischereikunde, TRANSPRESS VEB Verlag für Verkehrswesen,
1966 (Manuskriptabschluß: 1.9.1965) |
Fanggebiete-Erfassung, Programmierung und Aktualisierung von
Hans-Peter Hoffmann; MA der Flotte des VEB Fischkombinat Rostock
| Fanggebiete-Koordinaten von Dr. Frank-Roland Fließ;
Mitarbeiter des VEB Fischkombinat Rostock und der VVB
Hochseefischerei | Fischerei-Atlas des Institus für
Hochseefischerei und Fischverarbeitung Rostock-Marienehe (1962),
Bibliothek von Dr. Peter Ernst | Kontrolle und Zuarbeit von
Fanggebiete-Koordinaten von Kapitän Günther
Kröger, VEB Fischkombinat Rostock