Der Beginn der deutschen Hochseefischerei
Anfang 1900
Günther Kröger
Freie inhaltliche Wiedergabe aus der "Gartenlaube" Nr 6 von B.Hedi,
übergeben vom Verkehrsmuseum Dresden.
Wetterharte, wagemutige Menschen vom niedersächsischen Volksstamm bevölkerten die Nordseeküste. Die Seefahrt und Fischerei bildeten naturgemäß die wichtigsten Erwerbszweige. Die Hochseefischerei, für viele hunderte Menschen Erwerbszweig, war gegenüber der Schifffahrt geringfügig. Erst mit der Nutzung der Dampfmaschinen veränderte sich das Bild.
Im Jahr 1884 schickte der Pionier der deutschen Hochseefischerei, Herr F. Busse, aus Geestemünde den ersten deutschen Fischdampfer, die "Sagitta" auf Fischfang. Die "Sagitta" d.h. "Pfeil", war damals sehr erfolgreich im Fischfang und veranlasste unternehmerische Geschäftsleute zur Nachahmung. Die Zahl der Fischdampfer stieg rasant und nahm im damaligen Jahrhundert auf über 100 Fahrzeuge zu.
Die erste Heimstätte hatte die deutsche Hochseefischerei in der Stadt Geestemünde. Doch nach kurzer Zeit waren Fischdampfer auch in Hamburg und in Altona sowie in Bremerhaven zu Hause.
Damals, wohl nach 1885, brachten 75 Fischdampfer ihren Fang nach Geestemünde - Bremerhaven. In Hamburg-Altona waren zu dieser Zeit 20 Fischdampfer beheimatet. Trotz der zahlenmäßigen Verschiebung der Heimathäfen nahmen die Fischmärkte an Bedeutung an der Elbe zu. Trotzdem beschloss man damals, den Bau eines gigantischen Fischereihafens bei Geestemünde. Sie hatten damals große Mühe mit dem Bau des Hafens. Die Sturmfluten 1893 und 1894 zerstörten wiederholt die Hafenbauten. Zu Beginn des Jahres 1900 war dies der bedeutenste Fischereihafen auf dem europäischen Kontinent.
Tagaus, tagein fuhren zwei Spezialzüge den angelandeten Fisch ins Binnenland. Der Mark für Fisch breitete sich immer weiter aus, sogar bis nach Österreich.
Die Fischdampfer, die in der deutschen Hochseefischerei im Einsatz waren, galten als außerordentlich fest und seetüchtig. Es waren aus Stahl gebaute, zweimastige, 30 Meter lange Fahrzeuge. Die Breite betrug 6 Meter und sie hatten einen Tiefgang von 3 Metern. Die Tragfähigkeit der Fahrzeuge war 100 Tons (a 1000 kg).
Die ersten deutschen Fischdampfer wurden in England gebaut. Doch dann erkannten die deutschen Werften diesen neuen Erwerbszweig und bauten für die deutsche Hochseefischerei selbst Schiffe.
Jedes voll ausgerüstete Fischereischiff kostete damals 120.00 Mark.
Besetzt waren die Schiffe mit einem Kapitän, 1 Steuermann, 1 bis 2 Maschinisten, 1 Heizer, 1 Koch und 5 bis 6 Matrosen einschließlich Schiffsjungen.
Damals sagte man schon, nur eiserne, gegen Witterungsunbilden so gut wie unempfindliche Naturen sind geeignet auf einem Fischdampfer zu fahren.. Der Dienst war so schwer und gefahrvoll, wie auf keinem anderen Seeschiff.
Die Fangreisen dauerten 5 bis 14 Tage. Die Unkosten pro Reise lagen damals bei durchschnittlich 800 bis 1200 Mark. Jährlich machte jeder Fischdampfer 35 bis 45 Reisen. Der Erlös derselben belief sich, je nach Glücksumständen und dem Geschick des Kapitäns auf 50.000 bis 80.000 Mark.
Die Fangplätze befanden sich hauptsächlich in der Nordsee. Hier blieb man auch im Winter. Im Sommer wurden auch Plätze an der schottischen, der norwegischen und jütländischen Küste aufgesucht. Sogar nach Island wurde gefahren.
Anfangs wurden die langsam geschleppten Netze an 30 bis 40 Fuß langen Bäumen befestigt und am Grund geschleppt. Doch danach kamen schon Scherbretter zum Einsatz.
Oftmals genügten wenige ertragreiche Hols für eine Vollschiffreise. Oft blieben aber auch die netze leer, wenn man nicht den richtigen Gangplatz gefunden hatte.
Auch damals wurden die meisten Fische entweidet, sortiert, gewaschen und im Laderaum sorgsam im Eis gestaut. Man sagte damals schon: "Frische Fische - Gute Fische" und deshalb wurde mit großem Augenmerk auf die Qualität der Bearbeitung geachtet.
Die Ankunft der Fischdampfer wurde bei Küstennähe, von Leuchttürmen, soweit telegrafische Möglichkeiten vorhanden an die Märkte gemeldet.
Der größte Teil der Fischdampfer steuerte Geestemünde, den neuen Hafen an. In Auktionshallen wurde der angelandete Fisch versteigert.
Zuvor wurde er in Weidekörben ( daher der auch uns bekannte Ausdruck für die Menge - Korb) mit Hilfe der Dampfwinden der Schiffe gelöscht.
Eine Fangreise mit 150 bis 200 Korb galt als mittelgute Reise. Gute reisen lagen bei 400 bis 500 Korb. Reisen nach Island brachten auch schon mal 800 Korb. Sie dauerten dann aber schon 12 bis 16 Tage. Als eine der besten Reisen bezeichnete man eine Anlandung in der katholischen Fastenzeit mit 500 Korb und einem Erlös von 11.000 Mark.
Der Gesamtumsatz aus Seefischen an der Weser betrug im Jahr 1895 34.968 Mark.
Die Bedeutung der deutschen Hochseefischerei nahm ständig in dieser Zeit zu. Ziel war es, den Fisch zu einem Volksnahrungsmittel werden zu lassen.
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