Artikel aus der "poseidon"
- Tauchsport-Magazin der DDR, erschien im deutschen Militärverlag Berlin
gesandt von Andreas Elflein
Hallo liebe Kollegen, von Andreas Elflein erhielt ich den nachfolgenden Artikel und Bilder aus der Taucherzeitschrift Poseidon. Andreas Elflein war einer der ersten Hochseefischer, der an einem Lehrgang für leichte Taucher teilnahm. Seine Bilder, die er noch diesbezüglich gemacht hat, kommen später.
So alt wie die DDR ist auch ihre Hochseefischerei, Seit 20 Jahren kreuzen die Logger und Trawler, die Fang- und Verarbeitungsschiffe des Fischkombinats Rostock vor Spitzbergen und Labrador, vor Neuschottland und Westafrika.
Sie fischen mit wachsendem Erfolg, doch wenn beim Fang ein Netz in die Schraube gerät, drohen Fangausfall, wirtschaftliche Verluste, droht Gefahr für das manövrierunfähige Schiff und seine Besatzung - dann ist die Stunde der Bewährung für die tauchenden Fischer gekommen.
Seit 1959 haben die Tauchsportler der GST-Grundorganisation des VEB Fischkombinat Rostock die Entwicklung des Tauchsports in der DDR entscheidend mitbestimmt. Seit Jahren sind die Rostocker stets Favoriten der Deutschen Meisterschaften, nationaler und internationaler Wettkämpfe. errangen sie zahlreiche Siege und Titel - und ebensolange wurden in der Sektion Tauchsport der GO des Kombinats Dutzende junge Tauchsportler ausgebildet. Meist waren es Lehrlinge der Betriebsberufsschule, angehende Seeleute, die heute in den verschiedensten Funktionen auf den Schiffen des Kombinats fahren...
Taucher an Bord, wenn ein Netz, eine Kurrleine in die Schraube gerät? Hier bot sich dem Kombinat eine Möglichkeit, auf lange Sicht hin Millionen einzusparen. Wenn man die in der Fischerei kaum zu vermeidenden Havarien auf hoher See an Ort und Stelle behebt, dann entsteht kein größerer Fangausfall, wird kein anderes Schiff der Flotte zum Abschleppen benötigt, dann ist es nicht mehr notwendig, wertvolle Devisen aufzuwenden, um Gebühren und Reparaturkosten in ausländischen Häfen zu bezahlen. Von diesem Gedanken zur Praxis war es nur ein kleiner Schritt: Bereits 1964 konnte in rund einem Dutzend Havariefällen vor Labrador wie in der Nordsee durch tauchende Fischer rasche Hilfe geleistet werden. Auch in den folgenden Jahren erwies sich bei zahlreichen Einsätzen, welchen Nutzen Taucher an Bord von Fangschiffen bringen können - es erwies sich aber auch, daß die extremen Arbeitsbedingungen auf den Fangplätzen eine besonders sorgfältige Ausbildung der Taucher und spezielle Ausrüstung fordern:
Seegang, Temperaturen unter dem Gefrierpunkt. das Rollen und Stampfen der Schiffe verlangen vom Taucher mehr als nur durchschnittliches Können, sie verlangen auch gründliche Organisation und technische Voraussetzungen, wenn nicht durch halsbrecherische Husarenstückchen Gesundheit und Leben der Taucher gefährdet werden sollten.
Vor allein aber - das war nichts mehr für Sporttaucher! Aus diesem Grunde wurde nach längerer Vorbereitung im August 1968 im Fischkombinat die Taucherinspektion gebildet und das Kombinat zum Leitbetrieb für die Ausbildung. Die Leitung der Inspektion übernahm Günter Dreiucker (vielen Tauchsportlern noch als Kapitän der Rostocker Mannschaft 1959 bis 1961 bekannt), der selbst seit 1959 als Berufstaucher arbeitet. Gleichzeitig entstand eine Konzeption, die bei rationellem Einsatz der Taucher und der technischen Mittel höchste Effektivität gewährleistet: Danach wird auf den Großschiffen wie der ROBERT KOCH, der JUNGE WELT, MARTIN ANDERSEN NEXÖ und anderen je eine Tauchergruppe gebildet, die jeweils aus einem Arzt, dem Gruppenleiter, zwei Tauchern und dem Signalmann besteht und auf dem jeweiligen Fangplatz die Zubringerflotte des Großschiffes betreut. Die Mitglieder der Gruppe versehen dabei normalerweise ihren Dienst als Decks- oder Maschinenpersonal und werden nur im Notfall als Taucher eingesetzt.
Prüfung im Rostocker Überseehafen
und jetzt gilt es zu beweisen, was man in wochenlanger Ausbildung unter schwierigsten Bedingungen, unter Eis im Hafen oder in der winterlichen See gelernt hat.
Als einziger Lehrgangsteilnehmer hatte Andreas Elflein schon Vorschulkenntnisse - er nahm in Wismar an der Tauchausbildung der GST teil.
In der Taucherinspektion des Fischkombinats ist sorgfältige Gerätepflege selbstverständlich - nicht nur die Kompressoren sind tadellos in Ordnung.
Beispielhafte Ordnung herrscht auch in der Taucherlast der Inspektion - und Günter Dreiucker ist darauf mit Recht stolz…
Nur die Fischereiflotte der Sowjetunion verfügt noch über ähnliche Gruppen - und dieser Tatsache ist zuzuschreiben, daß Taucher des Kombinats nicht nur Devisen sparen, sondern sogar schon Devisen eingebracht haben, wenn sie fremden Fischereifahrzeugen Hilfe leisteten...
Mitten im Winter, im Januar dieses Jahres, legten zehn Fischereitaucher als Krönung eines mehrwöchigen Lehrgangs ihre Prüfung ab, eines Lehrgangs, der speziell auf ihre künftigen Aufgaben zugeschnitten war. Seegang, Frost, schlechte Sicht, Nachteinsätze waren eine gute Schule für die Zehn, von denen jeder mindestens 25 Stunden unter dem Eis des Fischereihafens und die gleiche Zeit in der zu dieser Jahreszeit nicht gerade einladenden, stürmischen Ostsee getaucht hatte. Doch damit ist es noch nicht getan. Auch nach dieser ersten Ausbildung müssen mindestens 30 Tauchstunden je Jahr nachgewiesen werden, um die "Form" zu halten. Daß der Lehrgang im Winter stattfand, war übrigens kein Zufall: "Wir werden diese Lehrgänge stets in die kalte Jahreszeit legen", meinte Günter Dreiucker, das gibt uns die Gewähr, daß unsere Kollegen schon in der Ausbildung mit den harten Bedingungen vertraut gemacht werden, die sie auf See erwarten... Bedauerlich ist nur, daß von den Lehrgangsteilnehmern nur einer GST-Ausbildung hatte - es würde unsere Arbeit erleichtern, wenn alle unsere zukünftigen Taucher schon solide vorbereitet von der GST kämen!" Ohne Zweifel ein berechtigter Wunsch, hatten sich doch über 30 Kombinatsangehörige zu dieser Qualifizierung gemeldet, von denen beim Arzt noch 16 übrigblieben, die im Laufe der Ausbildung auf zehn zusammenschmolzen! Diese Zehn aber hielten durch, Wind, Wetter und Kälte zum Trotz, und hatten auch von der strengen Prüfungskommission unter dem Vorsitz von Taucherobermeister Otto Lechner nichts mehr zu befürchten - sie bestanden. Ihre Bewährung aber werden sie erst noch zu bestehen haben, draußen am Fangplatz vor Labrador oder Grönland, vor Spitzbergen oder Westafrika.
Theoretische Prüfung - die letzte Klippe
siehe auch: http://www.poseidon-archiv.de/html/1969.html